So hatte sich das König Antiochos I. wohl nicht vorgestellt. Die beeindruckenden Steinstatuen auf dem Gipfel des südtürkischen Bergs Nemrut sollten eine Kultstätte werden, um einer neuen Religion mit hellenistischen und persischen Elementen, vor allem aber mit ihm als oberster Gottheit zu huldigen. In zwei langen griechischen Inschriften legte Antiochos fest, wie ihn das Volk zu Lebzeiten und nach seinem Tod zu verehren habe. Das Volk sah das allerdings wohl etwas anders. Die Historiker gehen davon aus, dass die Stätte nie ganz fertiggestellt und schon gar nicht für irgendwelche spirituellen Zwecke genutzt wurde. Berg Nemrut wurde also, wenn man so will, zum Gipfel der Selbstüberschätzung für seine Gottheit Antiochos.
Heute sind die mannshohen Figuren und Steinreliefs nach Jahrtausenden von Witterung, Erdbeben und menschlichem Eingriff in ziemlich durcheinandergewürfelter Anordnung zu besichtigen. Aber auch ohne göttliche Verehrung sind sie ein beeindruckendes Zeugnis vorchristlicher Handwerkskunst. Und sie sind ein grandioses Fotomotiv. Vorausschauenderweise hatte Antiochos seine Gedenkstätte mit einer Ost- und einer Westterrasse anlegen lassen. Damit gibt es sowohl bei Sonnenauf- als auch bei Sonnenuntergang ein wundervolles Licht. Je nach persönlicher Neigung (wir gehören eher zu den Langschläfern). Auch wenn es sicher nicht das ist, was sich König Antiochios vorgestellt hat: Aber heute ist er sicher in seiner steinernen Ausprägung eines der meistfotografierten Motive der Türkei. Auch eine Art Verehrung, oder?
Der bittere Hintergrund erschließt sich auf den ersten Blick nicht: Wenn man durch die südtürkische Stadt Diyarbakir läuft, ändert sich auf einmal das gesamte Stadtbild. Ist die Altstadt nördlich und westlich noch wuselig und belebt, geprägt von engen Gassen mit Basaren, Gewürzhändlern und einem Döner- und Kebabladen am anderen, wird es im Südosten plötzlich nüchtern. Breite, neue Pflasterstraßen, einförmige, nagelneue und teilweise unbewohnte Einheitsbauten, viel Brachfläche.
2015 war es in der überwiegend mit Kurden bewohnten Stadt zu gewaltsamen Aufständen gekommen, vor allem eben im Bereich der südöstlichen Altstadt. Die ließ die Regierung schwerbewaffnet niedergeschlagen. Die massiv beschädigten Häuser wurden in Folge abgerissen - und das restliche Viertel gleich mit. Das Resultat ist ernüchternd. Die Polizei ist immer noch omnipräsent in der Stadt und der Region. Auf dem Weg vom Van-See nach Diyarbakir wurden wir vier mal an bewaffneten Polizeiposten kontrolliert (die vielen Kontrollattrappen gar nicht mitgerechnet, die auf kuriose, aber doch effektive Art die Autofahrer vom Rasen abhalten sollen). In der Stadt soll eine eigene "Touristen-Polizei" Vertrauen zurückgewinnen. Bitter. Denn Diyarbakir ist wirklich eine schöne Stadt.
"Da gedachte Gott des Noah sowie aller Tiere und allen Viehs, die bei ihm in der Arche waren. Gott ließ einen Wind über die Erde wehen und das Wasser sank. Am siebzehnten Tag des siebten Monats setzte die Arche auf dem Gebirge Ararat auf."
So steht´s in der Bibel. Und dann muss es wohl stimmen, oder? Wir haben heute zwar keine Überreste der Arche Noah gesehen. Aber zumindest den Berg Ararat. (Eigentlich schon zum zweiten Mal. Man sieht den höchsten Berg der Türkei auch vom armenischen Jerewan aus. Aber mit einem kurzen Schwenker von ein paar hundert Kilometern sind wir inzwischen auf der türkischen Seite angekommen.) Wenn man böse wäre, könnte man sagen: Die Sintflut muss damals tatsächlich ganz schön gewütet haben. Die Region in Ostanatolien ist von ausgesprochen spröder Kargheit. Gelbe Felder, rote Erde. Die Bauern bewirtschaften ihre Äcker hier zum Teil noch mit Pferden.
Bis zu 50.000 Menschen, die in Höhlenwohnungen in einer Steilwand 500 Meter über einem Fluss wohnen. Und das vor rund 1000 Jahren. Kaum vorstellbar. Aber der georgische König Giorgi III. hat das im 12. Jahrhundert in Wardsia im Süden des Landes realisiert. Eine gigantische Festung als Verteidigung gegen die Türken. Ausgestattet mit Bücherei, Bäckern, einer Apotheke, Wasserleitungen aus Keramik und einem integrierten Kloster.
Die Anlage hat zwar die Türken letztlich nicht abgehalten und ist auch durch Erdbeben und andere Einflüsse inzwischen nur noch in Teilen zugänglich. Trotzdem beeindruckt die Höhlenstadt auch heute noch. Und ist nicht umsonst Teil des UNESCO-Weltkulturerbes und eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten Georgiens (wie man auch an einigen Aufklebern sieht). Gut, dass wir nach unserem Abstecher nach Armenien nochmal zurückkommen sind und uns dieses historische Wunderwerk ansehen konnten. Beeindruckend!
"Frage an Radio Eriwan: Ist es möglich, auch in einem hochindustrialisierten Land den Sozialismus einzuführen?
Antwort: Im Prinzip ja, aber es wäre schade um die Industrie."
Die Radio-Eriwan-Witze haben auch bei uns bis in die 80er Jahre den real existierenden Sozialismus auf die Schippe genommen. Und, hey! Wir haben in der armenischen Hauptstadt Eriwan / Jerewan mal nachgeschaut: Kein Radio Eriwan! Im Ernst: Klar war das nur eine dumme Witze-Serie. Aber so ganz vorbei an der Realität war es auch nicht. Und heute sieht man in Jerewan, was passiert, wenn der Kapitalismus den Sozialismus mit aller Brutalität wegfegt. Auf dem Weg in die armenischen Hauptstadt sind wir an riesigen verrottenden Industrieanlagen vorbeigefahren. Rechts und links daneben ärmlichste Behausungen.
Wenn man dann in die Hauptstadt kommt, ändert sich das Bild. Zumindest in der Innenstadt prägen protzige Marmor-Hotels, üppige Shopping-Passagen und für den Rest des Landes völlig überteuerte Restaurants die Ansicht. So hatte sich die armenische Regierung das bei der Unabhängigkeit 1991 wohl eher nicht vorgestellt. Immerhin: Die Stimmung in Jerewan ist entspannt und ausgelassen. Auf dem zentralen Platz der Republik gibt es jeden Abend ein kostenloses, zweistündiges Spektakel mit beleuchteten Springbrunnen und klassischer Musik. Auch die sogenannten Kaskaden, eine rund 100 Meter lange gestufte Treppenanlage mit einem gigantischen Blick über die Stadt, sind bei Sonnenuntergang ein beliebtes Ausflugsziel. Kurz: Die Stadt mag klobig, verbaut, überteuert und voller irrer Autofahrer (Zitat Taxifahrer) sein. Aber Lebensfreude kann man den Armeniern nicht absprechen.
Eigentlich hatten wir ja bei der Planung unserer Tour zunächst als Ziel Aserbaidschan im Auge. Da man in das Land am Kaspischen Meer allerdings seit Corona nicht mehr per Auto einreisen darf, hatten wir uns dann für Georgien entschieden. Jetzt haben wir doch noch eine kleine Erweiterung eingebaut. Heute sind wir spontan für einen Abstecher über die südliche Grenze nach Armenien gefahren. Das kleine Land mit gerade mal 2,8 Millionen Einwohnern zwischen Kaukasus, Türkei und dem Iran wird gerne mal vergessen, wenn es nicht gerade um den Konflikt in Bergkarabach geht. Dabei ist Armenien im ersten Eindruck ein wirklich schönes Reiseland. Wir waren jedenfalls überrascht über eine offenbar ganz gute Infrastruktur, eine lange und interessante Geschichte und viele lächelnde - und im mittelalterlichen Kloster von Hagpat auch spontan und wunderschön singende - Armenier (s. Video unten).
Jetzt ist es also doch passiert: Wie sind stecken geblieben. Die Straßenverhältnisse in Georgien sind ja generell eher schwierig. Nachdem wir die letzten Tage im Kaukasus immer mutiger geworden sind, haben wir heute eine harte Lehrstunde erhalten. Wir waren am Vortag noch recht entspannt zu einem sehr schönen Uferstück am Zhinvali-Stausee runtergefahren, etwa 200 schottrige Meter abseits der Asphaltstraße. Der nächtliche Regen tat sein Übriges. Und so war die Hochfahrt zurück am nächsten Morgen nicht mehr möglich. Ohne Allradantrieb blieb unser Wohnmobil einfach im Schlamm stecken. Aus die Maus!
Gottseidank sind die Georgier hilfsbereite Menschen. Der Besitzer des Grundstücks organisierte zunächst einen Nachbarn mit einem Allradfahrzeug. Das erwies sich allerdings als zu schwach für unser 3-Tonnen-Muckerl. Bauern mit Traktoren gibt es in der gebirgigen Gegend kaum. Also verständigten die hilfreichen Anwohner eine örtliche Baufirma, die einen Bagger schickte. Meter für Meter - und mit zwei gerissenen Seilen - zog der uns schließlich raus. Vermutlich habe ich deshalb bei der Weinprobe am Abend in einem netten Weingut in der Region Kachetien etwas mehr getrunken, als für eine Verkostung üblich gewesen wäre (4 Weißweine, 1 Rotwein, 2 Portweine und 2 Weinbrände). Prooooooost!
Keine Frage: Tiflis ist eine europäische Hauptstadt. Und die georgische Metropole gibt sich viel Mühe, das auch zu zeigen. Es ist jedenfalls für die Hauptstadt eines Nicht-EU-Landes keine Selbstverständlichkeit, vor seinem Parlament die eigene und die Flagge der Europäischen Union zu hissen. Dass eben dieses Parlament gerade erst das sogenannte „russische Agentengesetz“ beschlossen hat, ist einer der permanenten Widersprüche dieses Landes. Aber die Annäherung an den Westen zeigt sich zumindest hier in der Hauptstadt an vielen Ecken.
Da ist das Haus mit den regenbogenfarbenen Treppen, an das die Besitzer ein Schild genagelt haben: „Russia is the occupier (and you cannot deny that)“. Da sind die vielen alternativen Hinterhofkneipen und Wohnungen, die eher an Berlin-Kreuzberg als an den Moskauer Arbat erinnern. Und eben viele analoge und digitale EU-Fahnen an Häusern, in Läden und bei Straßenhändlern (dass H&M hier für den EU-Beitritt wirbt, rechne ich jetzt mal nicht mit).
Gori ist eine eher wenig spannende Kleinstadt im Zentrum Georgiens. Das wohl bemerkenswerteste, was die Stadt bisher hervorgebracht hat, ist Joseph Dzhugashvili. Der Sohn eines Schusters wurde hier 1873 in ärmlichen Verhältnissen geboren und wurde später unter seinem Kampfnamen Josef Stalin weltbekannt. Oder sollte man eher berüchtigt sagen? Als Diktator der Sowjetunion war er zwischen 1927 und 1953 verantwortlich für unsagbares Leid. Schätzungen gehen von rund 20 Millionen Todesopfern in der damaligen UdSSR aus: Hungertote durch rücksichtslose Zwangskollektivierungen, dazu Millionen Menschen, die deportiert wurden, in Gulags starben oder im Zuge sogenannter "Säuberungen" hingerichtet wurden. In Gori will man davon allerdings (fast) nichts wissen.
Die Stadt hat ihrem berühmtesten Sohn bereits kurz nach seinem Tod in den 50er Jahren ein denkmalähnliches Museum gebaut. Darin wird der Tyrann als großer Staatmann gefeiert, der den Wohlstand seines Volkes gemehrt und die deutschen Nazis bezwungen hat. In dutzenden Stalin-Bildern und Büsten sieht man den berühmten Georgier mit kleinen Kindern auf dem Arm, beim Plausch mit Mao Zedong oder den Friedensverhandlungen nach dem zweiten Weltkrieg. Wahlweise auch als liebevollen Familienvater mit seinen beiden Ehefrauen und Kindern. Und im letzten Raum als Totenmaske, pietätvoll in purpurne Szene gesetzt. Dass sich seine zweite Frau vor dem Hintergrund des Grauens das Leben nahm und einer seiner Söhne, den Stalin nicht aus deutscher Kriegsgefangenschaft freitauschen wollte, dort ums Leben kam - möglicherweise ebenfalls durch Selbstmord - spielt in Gori eher keine Rolle.
Die Geschichte ist gruselig: Weil der Titan Prometheus dem griechischen Göttervater Zeus das Feuer gestohlen und es den Menschen gebracht hatte, ließ ihn Zeus an das Kaukasusgebirge festschmieden. Ein Adler kam jeden Tag und fraß einen Teil seiner Leber - die allerdings immer wieder nachwuchs. Erst nach langen Qualen wurde Prometheus von Herakles erlöst, der den Adler mit einem Pfeil erschoss. Glück für Prometheus. Und Glück für die Kaukasusregion in Georgien, die die Geschichte der griechischen Mythologie kurzerhand vereinnahmt hat.
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion hatte Georgien wirtschaftlich massiv zu kämpfen. Da kam der damalige georgische Präsident Saakashvili höchstpersönlich auf die Idee, dass Prometheus doch in der Nähe von Kutaissi angekettet gewesen sein muss. Genau dort, nordwestlich der georgischen Stadt, wo 1980 eine ziemlich beeindruckende Tropfsteinhöhle entdeckt worden war. Also quasi die "Höhle des Prometheus". Logisch, oder? Jedenfalls ist diese Höhle heute eine der Hauptattraktionen der Region. Und natürlich auch auf unserem Besuchsprogramm. Logisch, oder?
Den Großen Kaukasus muss man erstmal bezwingen. Und damit meine ich nicht die Wehrtürme, mit denen sich einige Dörfer in Swanetien im Nordwesten Georgiens vor fast tausend Jahren gegen Eindringlinge gewehrt haben. Erst mal muss man überhaupt so weit kommen. Denn das bis zu 5600 Meter hohe, und damit höchste Gebirge Europas (je nach geografischer Definition) gibt sich sperrig. Auf dem Weg vom Schwarzen Meer in den Großen Kaukasus kommt man am langen Stausee des Enguri vorbei. Allerdings sollte man sich bei Zwischenstopps in Acht nehmen. Die Haltestellen sind fast durchgängig voll mit Bienenstöcken - was zwar schön aussieht, aber wohl schon einigen Campern den Spaß am Wildcampen verdorben hat.
Vorbei an zahlreichen Kühen, Pferden und Schweinen neben und auch mitten auf der Straße wird es im oberen Teil so richtig abenteuerlich. Zumindest, wenn man kein geländetaugliches Allradgefährt hat. Wir hatten jedenfalls ganz schön zu kämpfen mit unserem kleinen Wohnmobil. Denn die noch beste Verbindungsstraße zum Hauptort Mestia ist in Teilen eine brüchige Piste. Wer sich diese 40 Kilometer durchruckelt, wird dafür mit einem wundervollen Panorama belohnt. Mestia ist zwar überraschend touristisch. Aber die Touristen sind nicht umsonst hier. Über zwanzig der imposanten Wehrtürme prägen das Bild des alten Bergdorfs. Genutzt wurden sie nicht nur zur Abwehr auswärtiger Angreifer. Die Türme gehörten einzelnen Familien oder Clans, die sich damit offenbar auch gegen ihre bösartigen Nachbarn gewehrt haben. Scheinbar rechte Streithansel, diese Swanetier. Eine Region, in der Blutrache angeblich lange an der Tagesordnung war.
Eine Kreuzfahrt ist es sicherlich nicht. Wer mit der Fähre von Burgas nach Batumi fährt, darf keine besonders hohen Ansprüche haben und muss Geduld mitbringen. Um 18 Uhr sollten wir zum Beladen da sein. Um 3.30 Uhr waren wir in unserer Kabine. Der Standard ist einfach. Und definitiv nichts für Vegetarier. Ein Mitreisender hat die Verpflegung an Bord „Fleischdiät“ genannt. Mit gekochten Würstchen zum Frühstück und zwei üppigen Fleischgerichten zum Mittag- und Abendessen. Jeweils je eine Stunde pünktlich ab 8 Uhr, 12 Uhr und 18 Uhr. Wer nicht da ist, hat Pech gehabt.
Die Fähre transportiert rund 150 Lastwagen, Transporter und Autos, die von Europa nach Zentralasien überführt werden. Passagiere sind quasi nur Beifang. Es gibt im Wesentlichen drei Kategorien von Passagieren: LKW-Fahrer aus Bulgarien, Georgien, Armenien und Aserbeidschan. PKW-Fahrer, die Autos überführen. Und ein paar wenige Touristen. Außer uns exakt noch zwei. Ein Ehepaar aus Heidelberg, das ebenfalls mit dem Wohnmobil unterwegs ist.
Drujbaline. Freundschafts-Linie. Klingt doch nett, oder? Auf diesem Kahn werden wir jedenfalls gleich einchecken, um vom bulgarischen Burgas zum georgischen Batumi überzusetzen. Drei Tage über das Schwarze Meer. Vermutlich ohne Netz. Dafür mit einer ganzen Reihe bulgarischer und georgischer Trucker. Und wir mit unserem kleinen Muckerl mittendrin. Drei Monate hat es gedauert, bis ich den Chef der Drujbaline endlich so weich gekocht hatte, dass er uns vorab eine Passage geschickt hat. Üblicherweise macht er das erst eine gute Woche vorher - wenn es dann klappt. Was unsere Tour etwas unkalkulierbar gemacht hätte.
Immerhin: Das Wetter ist gut. Die Sonne scheint. Der Wind hält sich in Grenzen (wir sind alle nicht wirklich seefest). Eine Packung Reisetabletten haben wir sicherheitshalber trotzdem eingepackt. Und eine Flasche bulgarischen Rotwein. Kann also eigentlich nichts schiefgehen, oder? Drückt uns die Daumen! Ich schreibe Euch, wie es war, wenn wir wieder festen Boden unter den Füßen haben.
Ganz ehrlich: Die Befürchtungen waren schon da. Immerhin hört man bei uns vom Schwarzen Meer seit zwei Jahren lediglich in Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg. Doch während im nördlichen Teil des Meers immer noch gekämpft wird, kriegt man davon im Süden - gottseidank - nichts mit. An den bulgarischen Schwarzmeerstränden drehen sich die Auseinandersetzungen zum Glück nur um so Banalitäten wie Parkplätze und Strandliegen. Nicht anders eben, als in den Badeorten des Mittelmeers. Und so ist auch die Stimmung hier. An den nördlicheren Küstenorten bei Varna steppt der Tanzbär. Südlich von Burgas wird es ruhiger und der Sand feinkörniger. Und das bei milden Wassertemperaturen und einem angenehm niedrigen Salzgehalt. Eigentlich traumhafte Ferienbedingungen.
Allerdings gehen die Bulgaren nicht eben sorgfältig mit ihrem Naturschatz um. Viele Strandzugänge unterscheiden sich nur unwesentlich von Mülldeponien. Bei zahllosen Wohnwägen am, neben oder hinter den Stränden ist nicht ganz klar, ob sie noch genutzt werden, oder einfach aufgegeben wurden. Dazwischen schießen klobige Rohbauten wie Beton-Pilze aus dem Boden. Es steht zu befürchten, dass Bulgarien mit dem Zukleistern seiner Küste gerade den gleichen Fehler begeht, wie Spanien in den 60er und 70er Jahren - allerdings mit weniger Planung. Noch aber gibt es hier schöne Ecken. Wir konnten bei Achtopol direkt über einer kleinen Bucht übernachten, mit einem der wohl eher seltenen (Achtung: Bilder im Kopf gleich wieder vergessen!) FKK-Strände. Die Bulgaren seien einfach entspannt, erklärt uns ein Nachbar, der auch oberhalb des Strands noch auf seine Hose verzichtet. Maritime Gelassenheit auf Bulgarisch.
Wenn Ihr irgendwann mal nach Bulgarien kommt: Plovdiv nicht versäumen! Klingt wie eine österreichische Mehlspeise. Ist aber eine wirklich schöne Stadt im Süden des Landes. Nicht umsonst war Plovdiv 2019 europäische Kulturhauptstadt. Und während andere Städte diese Chance für allerlei Kulturgedöns nutzen, hat Bulgariens zweitgrößte Metropole ein wirklich stimmiges Innenstadtbild geschaffen. Zentrales Sakralgebäude ist hier tatsächlich mal keine orthodoxe Kirche - trotz orthodoxer Mehrheitsgesellschaft-, sondern eine Moschee. Der Bau aus osmanischer Zeit geht im Stadtzentrum eine wunderschöne Symbiose ein mit den toll restaurierten Resten einer römischen Arena. Mit viel Glas und einigen Illustrationen kann man sich wunderbar vorstellen, wie vor zweitausend Jahren hier Wagenrennen stattfanden.
Das Ganze geht nahtlos über in ein verwinkeltes Altstadtsystem aus kleinen Gassen mit vielen Kneipen, Restaurants und bunten Läden im ehemaligen Handwerkerviertel Kapana. Die Türkei ist nur gut hundert Kilometer entfernt. Was sich auf den Speisekarten widerspiegelt. Nur, mit einem Wohnmobil einen Parkplatz in der Innenstadt zu finden, ist eine - nennen wir es - Herausforderung. Wer allerdings auf der anderen Seite des Flusses Maritsa parkt, kann über eine erstaunliche Fußgängerbrücke ins Zentrum laufen. Mit Läden rechts und links, wie man sie nur aus mittelalterlichen Darstellungen oder "Game of Thrones" kennt. Allerdings mit mehr oder weniger modernem Trödel, von Plastikblumen bis zu Gothic-T-Shirts.
Mit erhabenem Blick wacht die "Heilige Sofia" hoch über der Stadt. In der einen Hand eine Eule als Symbol der Weisheit, in der anderen einen Lorbeerkranz als Zeichen der Macht. So hat sich der Bürgermeister der bulgarischen Hauptstadt das im Jahr 2000 vorgestellt. Und eine Statue der Heiligen Sofia als neues, goldenes Wahrzeichen auf dem zentralen Platz Serdika aufstellen lassen. Der Stadtrat hatte zuvor schon den 17. September, den Tag der "Heiligen Sofia von Mailand" zum Stadtfeiertag erhoben. Und dann kamen die Nörgler und Besserwisser. Denn die Stadt hat ihren Namen gar nicht von dieser Heiligen. Vielmehr sind sich die Historiker ziemlich einig, dass er auf eine Kirche gleichen Namens zurückgeht, die wiederum zu Ehren der Weisheit gebaut wurde. Was auf Altgriechisch eben "sophia" heißt, ähnlich wie bei der "Hagia Sophia" in Istanbul. Stadtrat, Bürgermeister und Künstler ruderten lange rum. Bis der Künstler in einem Interview einräumte: "Nun gut, sie ist nicht heilig. Einfach nur Sofia."
Die Story ist nicht nur lustig. Sie sagt, finde ich, auch etwas über das Selbstverständnis dieser Stadt aus. Irgendwie hat man das Gefühl, die bulgarische Hauptstadt kämpft um ihr Image. Bulgarien ist statistisch gesehen das Armenhaus Europas. Und das merkt man auch in Sofia. Die meisten Straßen und Gehsteige sind löchrig. Viele Häuser sind verfallen und mehr als renovierungsbedürftig. In den Eingängen zur Metro bitten Bettler um Kleingeld. Aber Sofia hat Charme. Hier haben die sozialistischen Machthaber nicht ganz so brachial gewerkt wie etwa in Bukarest. Es gibt noch viele alte Häuser, die ein fast französisches Flair vermitteln. Der Beiname "Paris des Ostens" würde zu Sofia viel besser passen als zu Bukarest. Es gibt Kneipen mit kleinen Schanigärten und Brettspielen in Regalen, bunte Graffitis an altem Gemäuer und eine fast an Berlin erinnernde Off-Kultur. Mit etwas mehr Selbstbewusstsein sollte Sofia am besten noch eine Statue aufstellen, mit einer coolen Sonnenbrille. Einfach nur Sofia, eben.
Wenn man südlich von Bukarest die Donau überquert, und damit die Grenze nach Bulgarien, ändert sich nicht nur die Schrift. Es wird auch rumpelig. Sind die Straßen in Rumänien schon gewöhnungsbedürftig, fährt man in Bulgarien permanent Schlaglochslalom. Wobei: Zwischendrin findet man erstaunlich proper ausgebaute Strecken. Vier Kilometer auf dem Weg zur zwar beeindruckenden, aber doch eher abgelegenen Felsenkirche von Iwanowo, mit solarbetriebenen Straßenlampen im 20-Meter-Rhythmus und einem Gehsteig vom feinsten - den vermutlich noch kein Fußgänger betreten hat. Der EU-Strukturfonds ermöglicht doch Erstaunliches...
Aber genug des Genörgels: Bulgarien ist zwar ganz offensichtlich renovierungsbedürftig. Aber das, was es zu renovieren gibt, wäre es tatsächlich wert. Die besagte Felsenkirche etwa ist ein in Stein gehauenes Juwel. In der kleinen Höhle rund 40 Meter hoch in einer Felswand haben die Mönche sich bereits im 13. Jahrhundert mit bemerkenswerte Malereien verewigt, etwa einem Gemälde des letzten Abendmals rund 200 Jahre vor Leonardo da Vinci. Und auch die nahegelegene Kleinstadt Russe zeigt zwischen verfallenen Gebäuden, aus denen bereits das Grün sprießt, einige schöne Fleckchen. In jedem Fall aber eine landschaftlich traumhafte Umgebung, die wir noch weiter erforschen wollen - soweit unsere Stoßdämpfer eben mitspielen.
Bukarest packt einen jetzt nicht gleich auf den ersten Blick. Und ich bin auch nicht sicher, ob ein zweiter es schafft. Die rumänische Hauptstadt wird ja oft als "Paris des Ostens" beschrieben. Wer das behauptet, mag Paris nicht. Bukarest ist laut. Bukarest ist staubig. Selbst die Hauptverkehrsadern der Stadt ähneln eher rumpeligen Pariser Vorortgassen, die permanent verstopft sind. Und dass das zentrale Gebäude der Stadt ausgerechnet ein monströser Klotz im sowjetischen Zuckerbäckerstil ist, macht die Sache leider auch nicht besser.
Aber wir wollen fair bleiben: Bukarest hat auch schöne Ecken. Und damit meine ich nicht nur die bereits renovierten Historismus- und Jugendstilgebäude, die tatsächlich an einigen Ecken an Paris erinnern. Auch andernorts blitzt die vielschichtige Geschichte Bukarests durch. Das Hanul Manuc ist ein denkmalgeschütztes Restaurant in einer alten Karawanserei mit einem lauschigen Biergarten im Innenhof. Mitten im Vergnügungsviertel Lipscani mit unzähligen Fast-Food-Läden, Souvenirshops und Nachtclubs liegt das alte orthodoxe Kloster Stavropoleos, mit wunderschönen Malereien und einem ruhigen Kreuzgang als Kontrast zur Außenwelt.
Deutsch vor uns. Deutsch am Tisch neben uns. Und an der Supermarktkasse hinter uns. Als Rumänisch sprechender Rumäne muss man sich im rumänischen Sibiu (Hermannstadt) ziemlich fremd vorkommen. Zumindest in diesen Tagen. Wir sind ausgerechnet an dem Wochenende nach Sibiu gekommen, an dem dort das große Treffen der Siebenbürger Sachsen aus aller Welt stattfindet. Und die Stadt ist voll. Märkte mit Trachtenartikeln. Blasmusik, auch aus Bayern. Auf einer großen Bühne auf dem Hauptplatz übt Peter Maffay - ein geborener Siebenbürger - mit seiner Band für sein später geplantes Konzert: "Gelobtes Land".
Kein Wunder, dass die Dame in der Touristinfo etwas genervt reagiert, wenn man nach der aktuellen Ausgabe der deutschsprachigen "Hermannstädter Zeitung" fragt. Längest ausverkauft. Und auch das Schild vor der Kneipe "Treffpunkt für alle Sachsen - Schnaps und Bier genug für alle!" klingt eher nach Geschäftssinn, als nach ausufernder Gastfreundschaft. Etwas schade. Denn Sibiu ist wirklich eine nette Stadt. Viele kleine Gässchen und verwinkelte Plätze erzeugen fast italienisches Dolce-Vita-Flair. Der Espresso an der malerischen Fingerlingstiege schmeckt genauso gut wie in Venedig, kostet aber nur die Hälfte. Vermutlich sollte man nochmal herkommen, wenn nicht gerade das große Treffen der Siebenbürger Sachsen ist.
Kleine Ergänzung: Die Süddeutsche Zeitung hat im Nachgang in einer großen Reportage über Peter Maffay und sein Konzert in Sibiu berichtet.
Keine Vampire. Bisher haben wir außer einem Bündel Knoblauchzehen über einem Türeingang keinerlei Hinweise gefunden, dass Transsilvanien tatsächlich das Mutterland der Blutsauger ist. Stattdessen viel Traditionsbewusstsein, Improvisationstalent und eine herzliche Gastfreundlichkeit. Wir sind inzwischen in Cluj-Napoca angekommen, der inoffiziellen Hauptstadt der Region Transsilvanien, die man in Deutschland auch als Siebenbürgen kennt (die offizielle Hauptstadt ist Sibiu, wo wir noch hinfahren). Cluj jedenfalls ist eine entspannte, moderne Universitätsstadt, mit entsprechend vielen netten Hinterhofkneipen und kleinen Plätzen rund um die Uni.
Hier kann man in jedem Bus sein Ticket kontaktlos per EC-Karte kaufen, während die Elektroinstallationen der meisten Gebäude so aussehen, als ob über der Tür eine Kabeltrommel explodiert ist. Neben dem Hauptplatz gibt es ein kleines Apotheken-Museum. Hier kann man nicht nur das alte Cluj nacherleben, das schon früh ein kulturelles Zentrum war. Man erfährt auch viel über die Geschichte der Medizin insgesamt - was einen beim Anblick eines per Pedal angetriebenen Zahnarztbohrers schon etwas frösteln lässt.
Wenn ein Friedhof ganz offiziell als "lustig" bezeichnet wird, ist man in Rumänien. Im Land der Vampire hat man offenbar ein sehr entspanntes Verhältnis zum Tod. Auf jeden Fall ist der Friedhof von Sapanta in der Region Maramures tatsächlich unterhaltsam. Hier erhalten die Toten nicht einfach nur einen schnöden Grabstein. Auf bunten Holztafeln wird vielmehr in kurzen Versen das Leben des Verstorbenen samt geschnitztem Bild in Ich-Form rekapituliert. Und zwar in aller Härte. Da steht dann je nachdem auch mal "Ich habe hart getrunken". Begleitet von einem Bild mit dem Verstorbenen am Tresen. Prost und Amen! Die orthodoxe Kirche daneben ist ebenso farbenfroh dekoriert. Mit einem über die ganze Kirche verteilten Heiligenkalender - für jeden Tag des Jahres ein buntes Heiligenporträt. Dagegen wirkt die katholische Holzkirche auf der anderen Straßenseite mal ausnahmsweise richtig blass.
Unser erster Stopp in Rumänien ist jedenfalls bunt, herzlich und entspannt. Die Straßen haben zwar deutlich mehr Schlaglöcher als in Ungarn; die Preise sind niedriger; das Angebot in den Läden ist eingeschränkter, zumindest hier im strukturschwachen Norden. Für 150 Kilometer setzt Google Maps dann auch schonmal drei Stunden Fahrzeit an. Auf Bundesstraßen, wohlgemerkt. Aber irgendwie hat man das Gefühl, dass das Leben hier zwischen malerischen Landschaften und geschnitzten Eingangspforten entspannt und in jedem Fall entschleunigt ist.
Stolz reckt Dobó István sein Schwert in den Himmel. Immerhin hat er 1552 die Burg Eger in einer fünfwöchigen Belagerung mit nur 2000 Ungarn gegen 70.000 anstürmende Osmanen verteidigt. Was für ein Glück für Eger. Also damals. Und auch nur kurzzeitig. Denn nur gut 40 Jahre später haben die Türken es erneut versucht - und geschafft. Die nächsten 91 Jahre wurde Eger von den Osmanen beherrscht. Wovon man allerdings außer einem alten Minarett heute kaum noch etwas sieht. Der kurzzeitige Sieg des ungarischen Nationalhelden Dobó István gegen den Ansturm der Muslime ist dagegen quasi omnipräsent in Eger.
Eger ist eine charmante Kleinstadt mitten in leicht geschwungenen Weinbergen, vielen kleinen Weinkellern, Weinlokalen, mit einer sehr leckeren Art Baumkuchen, einer wundervollen erzbischöflichen Bibliothek und dominiert von der Burg Eger und ihrer Story von Dobó István. Eine Story, die wie gemacht ist für den ungarischen Nationalstolz. Und deshalb taucht sie quasi überall auf: Es gibt einen berühmten Roman, mehrere Verfilmungen und ein Musical, das jährlich in der Burg Eger aufgeführt wird. Darin besiegt Dobó István nicht nur die Türken. Es gibt auch noch eine kitschige Lovestory.
Es ist heiß am Balaton. Der Plattensee ist immer noch die Urlaubsdestination Nummer 1 in Ungarn. Deshalb ist es bei 35 Grad nicht verwunderlich, dass sich Ende Juli tausende, vorwiegend ungarische Besucher im größten Binnensee Europas vergnügen. Und wir mittendrin. Und es wird gespritzt, geschrien, gespielt und auch eine ganze Menge gegrillt und Wein getrunken, dass es eine wahre Freude ist. Ungarn sind die dezentesten Urlauber nicht. Ein Bier kostet weniger als eine Cola. Was vielen Urlaubsorten hier einen leichten Ballermann-Touch gibt. Quasi Balamann am Balaton (sorry für den Kalauer!).
Pressburg. Auch, wenn der Name der slowakischen Hauptstadt Bratislava (Deutsch: Pressburg) wohl auf einen früheren Fürsten zurückgeht, scheint er recht gut zu beschreiben, wie uns die Stadt vorkommt: Irgendwie eingepresst. Man ahnt, dass Bratislava noch auf der Suche ist nach einer eigenen Identität, eingequetscht zwischen den großen Nachbarn Wien, Prag und Budapest und einer oft nicht selbstbestimmten Geschichte. Dass Bratislava im 10. Jahrhundert auch mal zu Bayern gehörte und kurz darauf als Hochzeitsgeschenk von Gisela von Bayern an die Ungarn ging, ist da nur eine kleine, lokalpatriotische Randnotiz.
Insgesamt fängt einen Bratislava jedenfalls nicht gleich auf den ersten Blick. Die Silhouette ist zu großen Teilen ein sozialistischer Plattenbauexzess. Das Wahrzeichen der Stadt, die Burg Bratislava, ist nach einem verheerenden Brand im 19. Jahrhundert eine eher seelenlose Rekonstruktion aus dem Jahr 1953. Und die wenigen historischen Gebäude in der Innenstadt werden von chinesischen Touristen geflutet. Der Čumil, die ziemlich kuriosen Bronzestatue eines Arbeiters, der verschmitzt aus einem fiktiven Kanal spitzt, ist jedenfalls kaum ohne eine fremde Touristenhand darauf zu fotografieren.
Aber man merkt der Stadt auch an, was für eine innovative Kraft in ihr steckt. Die junge Landeshauptstadt versprüht einen ganz eigenen Reiz. Witzige Kunstprojekte in der Alten Markthalle; alternative Cafés; Weinlokale in allen Ecken. Und dabei haben wir auch was neues entdeckt: Den Alibernet. Eine Rotweinsorte, die erst 1950 durch Kreuzung eines Alicante Bouschet und eines Cabernet Sauvignon in einer Forschungsstation für Weinbau in Odessa entstanden ist. Gar nicht schlecht. Ein Flascherl steht jetzt jedenfalls in unserem Wohnmobil. Zdola nahor!
Auch eine lange Reise beginnt mit dem ersten Schritt. Unser erster Schritt war 249 Kilometer lang. Gar nicht so schlecht, oder? Aber natürlich ein Katzensprung im Vergleich zu unserem gesamten Trip. Immerhin, ein Start. Erste Etappe: Linz, Österreich. Quasi lockeres Warmlaufen. Und erstes Durchatmen. Alles gut! Das Fahren fällt leicht; der Wagen funktioniert; vor Ort klappt alles. Und das sogar sehr gut. Linz ist eine nette Stadt für so ein Warmup. Und was sehen wir als erstes? Einen alten U-Bahnwagen aus München.
Der Wagen von 1983 steht am Eingang zum sogenannten Mural Harbor. Eine Galerie der etwas anderen Art. Im Linzer Donauhafen durften sich dort Graffity-Künstler ausleben. Dabei sind riesige, faszinierende Murals entstanden, also große Wandbilder, die jetzt aus dem ansonsten eher drögen Industriehafen einen erstaunlichen Ort machen. Der Münchner U-Bahnwagen ist dabei eine Reminiszenz an die Anfänge der Graffity Art in Europa, wo die bayerische Landeshauptstadt wohl erstaunlicherweise eine führende Rolle einnahm. Da schau her!
Und noch ein kulturelles Zuckerl hat Linz zu bieten: Das Ars Electronica Center. Eine Art Crossover zwischen Deutschem Museum und Pinakothek der Moderne. Hier wird aus Künstlicher Intelligenz Musik. Eiweißproteine fermentieren zu modischem Stoff. Und mittels 3D-Brille kommt einem unser Sonnensystem auf einer 8K-Leinwand
zum Greifen nah. Ein guter, erster Schritt also. Ab dem zweiten nennt man es Laufen. Mal sehen...
"Es ist besser etwas einmal zu sehen, als zehnmal darüber zu hören", lautet ein georgisches Sprichwort. Deshalb haben wir uns vorgenommen, Georgien selbst anzusehen. Mit dem Wohnmobil. Dummerweise liegt das ganz schön weit weg, dieses Georgien. Wir werden also Zeit brauchen. Drei Monate etwa, habe ich überschlagen. Wenn nichts dazwischenkommt. Und dazwischen, das sind hin und zurück rund 10.000 Kilometer und ein Dutzend weitere Länder: Österreich, Slowakei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Türkei, Griechenland, Albanien, Montenegro, Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Italien. Klingt nach einem Plan, oder? Also so ungefähr. Tatsächlich wissen wir nicht, was genau da auf uns zukommt. Lässt sich leider nicht so gut planen wie zwei Wochen Adria. Aber natürlich ist es auch das, was uns an der Sache reizt. Jetzt bereiten wir also vor, was man nur begrenzt vorbereiten kann.
Wir haben etwas Erfahrung mit Wohnmobilreisen. Einmal quer durch Frankreich, einmal die US-Ostküste und einmal die -Westküste entlang. Allerdings immer mit gemieteten Mobilen. Drei Monate mit einem Mietwagen durch ein Dutzend Länder mit unterschiedlichen Zoll-, KfZ- und Versicherungsbestimmungen? Das war mir dann doch etwas zu heikel. Also haben wir uns ein Wohnmobil gekauft.