Lustige Gräber und düstere Vergangenheit: Maramures

Wenn ein Friedhof ganz offiziell als "lustig" bezeichnet wird, ist man in Rumänien. Im Land der Vampire hat man offenbar ein sehr entspanntes Verhältnis zum Tod. Auf jeden Fall ist der Friedhof von Sapanta in der Region Maramures tatsächlich unterhaltsam. Hier erhalten die Toten nicht einfach nur einen schnöden Grabstein. Auf bunten Holztafeln wird vielmehr in kurzen Versen das Leben des Verstorbenen samt geschnitztem Bild in Ich-Form rekapituliert. Und zwar in aller Härte. Da steht dann je nachdem auch mal "Ich habe hart getrunken". Begleitet von einem Bild mit dem Verstorbenen am Tresen. Prost und Amen! Die orthodoxe Kirche daneben ist ebenso farbenfroh dekoriert. Mit einem über die ganze Kirche verteilten Heiligenkalender - für jeden Tag des Jahres ein buntes Heiligenporträt. Dagegen wirkt die katholische Holzkirche auf der anderen Straßenseite mal ausnahmsweise richtig blass.

 

Unser erster Stopp in Rumänien ist jedenfalls bunt, herzlich und entspannt. Die Straßen haben zwar deutlich mehr Schlaglöcher als in Ungarn; die Preise sind niedriger; das Angebot in den Läden ist eingeschränkter, zumindest hier im strukturschwachen Norden. Für 150 Kilometer setzt Google Maps dann auch schonmal drei Stunden Fahrzeit an. Auf Bundesstraßen, wohlgemerkt. Aber irgendwie hat man das Gefühl, dass das Leben hier zwischen malerischen Landschaften und geschnitzten Eingangspforten entspannt und in jedem Fall entschleunigt ist.

Ein Bild der ganz anderen Art bekommt man, wenn man einen Blick auf die düstere Vergangenheit des Landes vor allem während der Zeit als Volksrepublik zwischen 1947 und 1965 und die späteren Ceaucescu-Jahre wirft. Eine Gedenkstätte in einem früheren Gefängnis der rumänischen Staatspolizei Securitate in Seghet zeigt die dunkle Seite des bunten Karpatenstaats. Zehntausende Intellektuelle, Geistliche, Lehrer oder Oppositionspolitiker wurden inhaftiert. In Seghet kann man die unmenschlichen Haftbedingungen erahnen, etwa mit einer rekonstruierten Dunkelkammer, in der Häftlinge angekettet und oft tagelang bei völliger Dunkelheit isoliert wurden. Die Aufarbeitung dieses Unrechtsregimes hat erst nach dem Fall des Eisernen Vorhangs begonnen. In Seghet sieht man dazu auch Querverweise auf die Revolutionen in den Nachbarländern, einschließlich des Falls der Berliner Mauer vor gerade mal 35 Jahren. Quasi vorgestern. Unterwegs treffen wir ein älteres Ehepaar aus Siebenbürgen. Die beide leben allerdings seit mehr als 40 Jahren bei Traunstein und besuchen hier ihre frühere Heimat. Gestern ist heute. Das merkt man gerade auch in Rumänien immer wieder.