Kräuter, Pisten und rechte Streithansel: Großer Kaukasus

Den Großen Kaukasus muss man erstmal bezwingen. Und damit meine ich nicht die Wehrtürme, mit denen sich einige Dörfer in Swanetien im Nordwesten Georgiens vor fast tausend Jahren gegen Eindringlinge gewehrt haben. Erst mal muss man überhaupt so weit kommen. Denn das bis zu 5600 Meter hohe, und damit höchste Gebirge Europas (je nach geografischer Definition) gibt sich sperrig. Auf dem Weg vom Schwarzen Meer in den Großen Kaukasus kommt man am langen Stausee des Enguri vorbei. Allerdings sollte man sich bei Zwischenstopps in Acht nehmen. Die Haltestellen sind fast durchgängig voll mit Bienenstöcken - was zwar schön aussieht, aber wohl schon einigen Campern den Spaß am Wildcampen verdorben hat.

 

Vorbei an zahlreichen Kühen, Pferden und Schweinen neben und auch mitten auf der Straße wird es im oberen Teil so richtig abenteuerlich. Zumindest, wenn man kein geländetaugliches Allradgefährt hat. Wir hatten jedenfalls ganz schön zu kämpfen mit unserem kleinen Wohnmobil. Denn die noch beste Verbindungsstraße zum Hauptort Mestia ist in Teilen eine brüchige Piste. Wer sich diese 40 Kilometer durchruckelt, wird dafür mit einem wundervollen Panorama belohnt. Mestia ist zwar überraschend touristisch. Aber die Touristen sind nicht umsonst hier. Über zwanzig der imposanten Wehrtürme prägen das Bild des alten Bergdorfs. Genutzt wurden sie nicht nur zur Abwehr auswärtiger Angreifer. Die Türme gehörten einzelnen Familien oder Clans, die sich damit offenbar auch gegen ihre bösartigen Nachbarn gewehrt haben. Scheinbar rechte Streithansel, diese Swanetier. Eine Region, in der Blutrache angeblich lange an der Tagesordnung war.

Wir haben davon gottseidank nichts gemerkt. Die Georgier, die wir hier getroffen haben, waren allesamt sehr gastfreundlich und nett. Wir sind auf dem Grundstück eines Malers untergekommen, der uns zum Frühstück gleich mal örtlichen Joghurt vorbeigebracht hat. Das Essen ist überhaupt phantastisch hier, mit vielen Kräutern und Knoblauch. Dazu ein kräftiger, georgischer Hauswein. Und am ersten Abend eine Wirtin, die auf amerikanische Soulmusik und R&B steht  - wie wir. Blöd nur, dass unsere geplante Bergtour in der Region Hatsvali ziemlich ins Wasser gefallen ist. Ausgerechnet, als wir oben angekommen waren, hat es angefangen zu regnen. Wie gesagt: Den Großen Kaukasus muss man erstmal bezwingen.