Die Stadt der Kurden: Diyarbakir

Der bittere Hintergrund erschließt sich auf den ersten Blick nicht: Wenn man durch die südtürkische Stadt Diyarbakir läuft, ändert sich auf einmal das gesamte Stadtbild. Ist die Altstadt nördlich und westlich noch wuselig und belebt, geprägt von engen Gassen mit Basaren, Gewürzhändlern und einem Döner- und Kebabladen am anderen, wird es im Südosten plötzlich nüchtern. Breite, neue Pflasterstraßen, einförmige, nagelneue und teilweise unbewohnte Einheitsbauten, viel Brachfläche.

 

2015 war es in der überwiegend mit Kurden bewohnten Stadt zu gewaltsamen Aufständen gekommen, vor allem eben im Bereich der südöstlichen Altstadt. Die ließ die Regierung schwerbewaffnet niedergeschlagen. Die massiv beschädigten Häuser wurden in Folge abgerissen - und das restliche Viertel gleich mit. Das Resultat ist ernüchternd. Die Polizei ist immer noch omnipräsent in der Stadt und der Region. Auf dem Weg vom Van-See nach Diyarbakir wurden wir vier mal an bewaffneten Polizeiposten kontrolliert (die vielen Kontrollattrappen gar nicht mitgerechnet, die auf kuriose, aber doch effektive Art die Autofahrer vom Rasen abhalten sollen). In der Stadt soll eine eigene "Touristen-Polizei" Vertrauen zurückgewinnen. Bitter. Denn Diyarbakir ist wirklich eine schöne Stadt.

Die historische Stadtmauer, die noch auf die Römer zurückgeht, ist UNESCO-Weltkulturerbe. Ebenso wie die riesigen, fruchtbaren Gärten zwischen Stadt und Fluss Tigris, die schon seit bis zu 8000 Jahren die Region mit Obst und Gemüse versorgen. Sie wurden schon zu frühen Zeiten mit dem "Garten Eden" verglichen. Vielleicht etwas hochgegriffen. Aber Diyarbakir ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Wir waren jedenfalls sehr angetan. Und das nicht nur wegen der blauen, kandierten Mandeln, der süßen Käsenachspeise mit Pistazien und des leckeren kurdischen Lamms. Naja, schon auch. Nach dem eher spröden Osten Anatoliens hatten wir hier das erste mal das Gefühl, türkische (oder kurdische?) Lebensfreude zu spüren. Kann man nur die Daumen drücken, dass in Diyarbakir auch die Wunden von 2015 noch heilen.